Mittwoch, 14. Januar 2015

Paris 2015 – Was darf Satire?

Satire:
ist eine Kunstgattung (Literatur, Karikatur, Film), die durch Übertreibung (!), Ironie (!!) und beißenden Spott an Personen oder Ereignissen Kritik übt, sie der Lächerlichkeit preisgibt, Zustände anprangert und mit scharfem Witz geißelt.

Ganz ehrlich? So weit trifft diese allgemeine Definition auch genau den Sinn, den ich hinter dem Begriff der Satire fortwährend gesehen habe.
Doch Satire als Anlass für Terror? Satire als Auslöser für Mord?
Geht mir nicht in den Kopf.
„Pure Herabsetzung und die Verletzung der menschlichen Würde sind für mich schlechte Satire.“, so Jürgen Kessler als Leiter des Deutschen Kabarettarchivs.
Doch wo ist da die Grenze?
Und wer darf bestimmen, wo sie langläuft?

Fühlte ich mich persönlich angegriffen, als Gerhard Haderer 2002 die berühmte Jesus Karikatur veröffentlichte? Dargestellt als Weihrauch-Kiffer...und das ist bei weitem nicht die einzige berühmte Karikatur von ihm. 

http://www.aleki.uni-koeln.de/lesebar/bilder/gr/Das_Leben_des_Jesus.jpeg

Einige haben es sogar in die Religionsbücher geschafft. 

 http://www.dekanat-hof.de/imageshospital/jesusgenezareth.gif


Definitiv nein.
Und ein weiteres ganz klares NEIN:
es darf nicht sein, dass Angst die Meinungsfreiheit einschränkt.
Doch leider ist genau das an vielen Stellen der Fall.
So sagt z.B. der Comic-Zeichner Ralf König, dass er sich aus „Mangel an Lebensmüdigkeit“ noch nicht viel mit dem Islam befasst hat und dass die „Angst die Kreativen längst an den Eiern habe.“

Mir stellt sich in diesem Kontext die Frage, was Satire eigentlich will. 

[12.01.2015]
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◻ Alles
◻ Alles, abgesehen von Witzen gegen meinen Lieblingsverein und die deutsche Nationalmannschaft
◻ Alles, aber dabei darf sie natürlich die Grenze der Satire nicht überschreiten
◻ Alles, aber sie muß dabei auf religiöse Gefühle Rücksicht nehmen, vor allem auf meine
◻ Alles, aber vor allem ist Satire dazu da, um irgendwelche Karikaturen nachzudrucken
◻ Alles, außer sich erschießen lassen
◻ Alles, außer Tiernahrung


Spannend und aufschlussreich las ich in diesem Kontext den Kommentar von Tim Wolff, Chefredakteur meines Lieblings-Satire Magazins „Titanic“ (das ist es nicht zuletzt wegen der glorreichen Mitarbeit von Max Goldt).
Dieser schreibt, dass Komik ein Mittel sei, um dem Ernst des Lebens Herr zu werden.
Je ernster also die Lage, desto wichtiger wird der Humor.
Warum?
Das ist doch respektlos, mögen kritische Stimmen meinen
Nein, finde ich definitiv nicht.
Denn Komik schafft es wie nichts anderes, eine Distanz zu eindrücklichen Ereignissen zu schaffen.
Und genau das trifft es: Sie will nicht verspotten, sie will keine fundamentale Wahrheit verbreiten, sie will nicht demütigen.
Sie will eine Brücke des Humors bauen, auf der wir stehen und uns kurzzeitig aus der Ferne den vertrackten Sachverhalt vor Augen führen.
Nichts ist doch befreiender, in einem schlimmen Streit zumindest kurz gemeinsam über etwas lachen zu können. Es tut gut, macht den Kopf kurz leer und es will einen kurzen Moment lang dem Ernst und der Explosivität die Macht nehmen, ihr den Boden entziehen.

Warum aber verachten religiöse Fanatiker Satire in einem solch krassen Maße wie in Paris diesen Jahres?

Ganz einfach: sie glauben an die EINE, EWIGE WAHRHEIT. 
Diese steht fest und ist unabänderlich, sie ist monumental, richtungsweisend und unflexibel. Nicht der Zeit angepasst. Vorausgesetzt, man versteht sie im fundamental und unkritischen Sinne. Diese eine Wahrheit zerstört Demokratie und mit ihr all die Grundwerte, die ihr zugrunde liegen.
Und das ist genau das, was Glaube nicht soll. Ja, mein Glaube ist angreifbar. In seiner äußeren Form. Ich kann über einen kiffenden Jesus lachen, ohne dass ich mich in meinem inneren wahren Glauben angegriffen fühle. Ich lache über Karikaturen der katholischen Kirche, ohne dass mein Glaube in seinen Manifesten erschüttert ist. Weil er in mir ist. Und mir das keiner nehmen kann.
Aber radikale Vertreter des heiligen Ernstes müssen Satire zwangsläufig als beleidigend empfinden. Wieso?
Weil der Witz in ihren Augen diese Wahrheit bedroht...und mit dieser Bedrohung kann der religiöse Fanatiker nicht umgehen.




Natürlich kann Satire als Beleidigung aufgefasst werden. Und das darf sie auch. Solange sich beide Seiten mit den Waffen des Wortes oder der Zeichnung bekämpfen und nicht mit Maschinenpistolen.

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